Innovative Produkte und Projekte zur Verbesserung der Hygiene gefragt

Symposium LEITMARKT.GESUNDHEIT.NRW

Die Relevanz von Hygiene und Infektionsprävention als inter-disziplinäre Aufgabenstellung ist unbestritten. „Dennoch muss sich der Mehrwert gezielter Maßnahmen in der Praxis gegen den damit unvermeidlich verbundenen Aufwand beweisen, zumal Hygienebewusstsein und Compliance immer wie-der neu gestärkt werden müssen“, erklärte Carmen Schulte, Projektleiterin in der Gesundheitswirtschaftsregion Münsterland. Innovative Technologien, Produkte und Konzepte, wie sie jetzt beim Leitmarktsymposium in Münster diskutiert wurden, würden dringen benötigt.

Im Kern ging es bei der Veranstaltung mit zirka 60 Vertreterinnen und Vertretern aus unterschiedlichen Sektoren um den Mehrwert von Hygiene und Infektionsprävention für Patientinnen und Patienten sowie Leistungserbringer. Unter anderem sprachen PD Dr. med. Alexander Mellmann vom Universitätsklinikum Münster, Prof. Dr. Walter Ried von der Universität Greifswald, Ulrich Adler von der Techniker Krankenkasse und Günter Hölling vom PatientInnen-Netzwerk NRW.
Hintergrund der Veranstaltung war das Engagement der Gesundheitswirtschaftsregion Münsterland zum Thema Hygiene. Die Region hat für die Etablierung einer landesweiten Innovationsplattform zum Aufbau der Verbundstrukturen für den LEITMARKT.GESUNDHEIT.NRW den Themenschwerpunkt „Hygiene/Infektionsprävention“ ausgewählt. Das Vorhaben wird gefördert vom Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen und unterstützt durch das Landeszentrum Gesundheit NRW.
Zu Beginn ordnete Ralf Lindert vom Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen die Veranstaltung in den Kontext der aktuellen Förderung der Gesundheitswirtschaftsregion Münsterland durch das NRW-Gesundheitsministerium ein und zeigte die Notwendigkeit einer sektorübergreifenden Herangehensweise zur Überwindung bestehender Herausforderungen auf, wenn es darum geht, innovative Produkte und Dienstleistungen für die Gesundheitswirtschaft zu entwickeln, die sich an den Bedarfen und Bedürfnissen der Menschen orientieren. In diesen Prozess sollten sektorenübergreifend Marktakteure eingebunden werden.
Mellmann erklärte, dass die Krankenhaushygiene vor großen Herausforderungen durch Leistungsverdichtung und Resistenzentwicklung von Mikroorganismen stehe. Die Schaffung und der Erhalt insbesondere von Personalstrukturen sei zur Umsetzung von gesetzlichen und fachlichen Anforderungen von enormer Bedeutung. Die Chance dabei: Die Implementierung einer effektiven Krankenhaushygiene sei kosteneffektiv und diene dem Wohle des Patienten.
Ried betonte unter anderem, dass Optimierung der Infektionsprävention bei Multiresistenten Erregern (MRE) kompliziert sei, weil mehrere Teilbereiche des Gesundheitswesens betroffen und die Rolle der Diagnostik zu berücksichtigen wären. Eine gesundheitsökonomische Analyse könne einen Beitrag leisten, indem alle betroffenen Akteure berücksichtigt, gesamtwirtschaftlich vorteilhafte Strategien identifiziert und Anreize gestaltet würden. Das gelinge, wenn valide Daten vorliegen – insbesondere zur medizinischen Effektivität und zum Aufwand der Leistungserbringer. Ried appellierte an die Kooperation von Ökonomen und Akteuren des Gesundheitswesens.
Für eine bessere Hygiene im Krankenhaus forderte Adler zum Beispiel bundeseinheitliche Standards und eine Meldepflicht für MRE-Infektionen. Krankenhäuser müssten Transparenz herstellen sowie eine einheitliche Dokumentation liefern. Nur ein objektiver Vergleich, so der Leiter des regionalen Vertragswesens, ermögliche einen Qualitätswettbewerb. Ein MRE-Screening für Risikopatientinnen und -patienten sollte Pflicht werden.
Durch verbesserte Hygiene und Infektionsprophylaxe könne es einen größeren Nutzen und auch Mehrwert für Patienten und Patientinnen geben, erklärte Hölling. Professionelle und Patienten müssten stärker zusammenarbeiten und mit Infektionserkrankungen und ihrer Behandlung adäquat umgehen, forderte der Experte. Die Spirale des massenhaften Einsatzes von (Reserve-)Antibiotika in der Massentierhaltung müsse unterbrochen und die Entwicklung neuer Antibiotika vom Profit abgekoppelt werden.
Nach den Impulsvorträgen aus den Bereichen Versorgung, Gesundheitsökonomie, Krankenkassen und der Patientenperspektive wurden innovative Produkte und Projekte im Bereich der Hygiene bzw. Infektionsprävention vorgestellt. Als ein Beispiel wurde das von der wissner-bosserhoff GmbH entwickelte hygieneoptimierte Produktdesign für Klinikbetten präsentiert. Des Weiteren stellte die Quantum Analysis GmbH gemeinsam mit dem Mikrobiologischen Labor Lohmeyer ein mikrobiologisches Online-Überwachungssystem von Prozesswasser in Dialyse-Kreisläufen vor. Das Potenzial des Verbundprojekts „PathoSept“, das durch das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT aus St. Augustin, koordiniert wird, zeigte das beteiligte Unternehmen Carpegen auf. Bei „PathoSept“ soll ein diagnostisches Komplettsystem entwickelt werden, mit dem resistente Erreger lebensbedrohlicher Infektionen sehr schnell und damit lebensrettend identifiziert werden können. Die Frage, was saubere Hände bewirken können bzw. wie Händehygiene messbar verbessert werden kann, beantworteten die Aktion saubere Hände und die Ophardt Hygiene-Technik GmbH + Co.KG. Der Beitrag der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe zu Orientierungshilfen für Hygiene/Infektionsprävention im niedergelassenen Bereich rundete den zweiten Teil des Symposiums ab.
Das Fazit von Carmen Schulte: „Es ist wie im vergangenen Jahr gelungen, eine gute Diskussion zu interdisziplinären Fragestellungen sowie effektiven und effizienten Lösungen anzustoßen. Dabei galt der Blick sowohl der Umsetzung hoher Hygienestandards als auch bedarfsgerechten Lösungsansätzen und Innovationen für eine bessere Versorgung und höhere Patientensicherheit.“

Zum Hintergrund:
Das Symposium ist Bestandteil des Gemeinschaftsvorhabens der Gesundheitswirtschaftsregionen Nordrhein-Westfalens zum Aufbau von Verbundstrukturen für den LEITMARKT.GESUNDHEIT.NRW. Gefördert wird das Vorhaben durch das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW (MGEPA.NRW) und unterstützt durch das Landeszentrum Gesundheit NRW (LZG.NRW).