Hygiene-Unterstützung für Arztpraxen

Bei der Hygiene in Arztpraxen gibt es kein Pardon: „Sie haben keine Schonfrist“, erklärte Anke Westerberg von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe.

„Schon kurz nach Übernahme einer Praxis kann sich die Behörde ankündigen.“ Auf Einladung des Clusters Gesundheitswirtschaftsregion Münsterland sprachen Anke Westerberg, die HNO-Fachärztin und Praxisgründerin Dr. Caroline Große-Oetringhaus sowie Unternehmer Tobias Heinrich bei einem Workshop in Münster über die Vereinfachung und Optimierung der Infektionsprävention im niedergelassenen Bereich.

Die Gesundheitswirtschaftsregion Münsterland will mit diesem durch das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter geförderten Projektes Innovationen auf dem Gebiet der Hygiene und Infektionsprävention landesweit vorantreiben, erklärte Gastgeberin Carmen Schulte. Gemeinsame Projekte, die aus dem Erfahrungsaustausch von Fachleuten und Anwenderinnen und Anwendern resultierten, könnten idealerweise zu neuen Lösungen und Produkten für die Praxis führen – ganz im Sinne der Patientensicherheit.

Im Kern ging es um die Frage, wie für Arztpraxen in Sachen Hygiene effektive Orientierungshilfen geschaffen werden können. Neben grundlegenden Informationen zu Hygienestandards wurden Apps bzw. multimediale Anwendungen vorgestellt und deren möglicher Einsatz diskutiert. Westerberg betonte: Wenn es um Verbesserungen in Arztpraxen geht, „dann können technische Anwendungen eine große Hilfe sein.“

Bei der Hygiene und Infektionsprävention in Praxen geht es in erster Linie darum, die Übertragung von Erregern zwischen Patientinnen und Patienten und Personal zu verhindern. Dabei hätten die Ärztinnen und Ärzte bzw. die Hygiene-Beauftragten viel zu beachten, berichtete Anke Westerberg. Zum Beispiel bei der Reinigung oder Desinfektion von Oberflächen oder Böden, beim Vorhandensein hygienischer Handwaschplätze, beim Hygieneplan und bei der Aufbereitung der Instrumente und Medizinprodukte. Es sei nicht schwer, sich Informationen anzulesen, so Westerberg mit Verweis auf das Infektionsschutzgesetz, Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, das Medizin-Produkte-Gesetz, die Betreiberverordnung und die Liste des Verbands für angewandte Hygiene. „Neben der Lektüre kann es aber auch noch ergänzende  Lösungen geben.“

Praxisbetreiberin Dr. Caroline Große-Oetringhaus aus Dortmund präsentierte ihre Idee von einer multimedialen Plattform, die über gesetzliche und hygienische Vorgaben informiere, bei einem virtuellen Praxisrundgang die Anforderungen in den jeweiligen Räumen aufzeige und vielleicht sogar eine direkte Bestellmöglichkeit von Produkten zur Infektionsprävention erlaube. Auf dieser Grundlage, so glaubt die Ärztin, würden Vorschriften eingehalten und Fallstricke vermieden. „Ich gehe also wie in einem Videospiel durch die Räume und erhalte umfassende, bedarfsgerechte Informationen“, sagte die Referentin. Einen Berater über das Internet könne sie sich aber nicht vorstellen. „Da haben wir lieber einen, der sich die Praxis anschaut und den individuellen Bedarf analysiert.“

Die Vorstellung einer multimedialen, technischen Lösung spielte Referent Tobias Heinrich in die Karten. Denn das von ihm geführte Unternehmen opwoco mit Sitz in Schöppingen entwickelt Apps bzw. mobile Anwendungen, die auch zum Hygiene-Management in Praxen beitragen könnten. „Sie sehen die Räume einer Praxis virtuell dargestellt und können per Mausklick auf Einrichtungsgegenstände Informationen erhalten.“

Hygiene-Management auf Grundlage von Papier, per interaktiver Weboberfläche oder gar als multimediale Virtual Reality-Show: Die Möglichkeiten wurden von den zirka 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern kontrovers betrachtet und sollen nun zunächst im Kreise von potenziellen Anwenderinnen und Anwendern diskutiert werden. „Nachdem wir uns die Möglichkeiten vor Augen geführt haben, wollen wir nun den konkreten Bedarf in den Praxen abfragen“, sagt Schulte. „Gemeinsam mit Ärztinnen, Ärzten und Praxisteams diskutieren wir die gehörten Ideen zur Bündelung vorhandener Informationen, Beratungsangebote und Orientierungshilfen sowie Anforderungen.“

Zum Thema
Hintergrund des Workshops ist die „Innovationsplattform: Hygiene“, die von der Gesundheitswirtschaftsregion Münsterland bis Ende 2016 mit Fördermitteln des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen landesweit aufgebaut werden soll. In diesen Prozess werden sektorenübergreifend die verschiedenen Marktakteure eingebunden.